Offenbach Post (8. April 2004)

Feine Stimm-Perlen

Ellen Klinghammer-Trio im Frankfurter Jazzclub

Die Stimme von Ellen Klinghammer wirkt zart und fein, fast zerbrechlich. Die Texte, englischsprachig, meist zu verschiedenen Problemsituationen aus Sehnsucht und Liebe, rutschen nicht ins Plakative ab, obwohl sie sich lyrischer Assoziationen und Bilder bedienen, die Gefühle nur auf Umwegen beschreiben. Das Klavierspiel arbeitet eng am Gesang, transportiert Worte und Bilder und erschöpft sich – obwohl er nichts fundamental neues bietet – nie in Klischees.

Am interessantesten aber, und faszinierend vom ersten Ton an, ist die filigrane Phrasierung in einer Art, die an Melanie oder Joni Mitchell erinnert – lediglich in der Diktion, nie in der Stimme, die mal in hohem Hauch verhallt, mal Ansätze zum Ausbruch unternimmt, um sich schnell wieder zurückzunehmen, so als wolle sie ihre Gefühlstiefe nicht mit dem Publikum teilen.

Und das Publikum im sehr gut besuchten Jazzkeller weiß das aufmerksam zu würdigen, dieses Spiel mit Intimität und Distanz, das nie in Koketterie kippt. Christopher Herrmann wechselt am Cello zwischen Fingern und Bogen, grundiert hier bassartig, streicht da einen Gegenlauf und steuert dort gitarrenartige Akkordeinwürfe bei. Martin Standke bearbeitet sein Schlagzeug nicht, sondern tupft nur leicht an, streichelt die Felle mit den Stöcken und wird häufig zum gleichberechtigten Melodie-Instrument.

Mit dem Klavierspiel Klinghammers ergibt sich ein wohlstrukturierter Gesamtklang, der mal mit dem Gesang, mal gegen ihn arbeitet und häufig den Inhalt lautmalerisch ergänzt; wenn die Stimme eine Situation mit „in circles now“ beschreibt, findet das Klavier zu einer kreisförmigen Bewegung, die unendlich weitergehen könnte.

Vieles lebt vom Text, und der ist live nicht ganz zu verstehen – besonders nicht in seinen Feinheiten, die die erste Demo-CD zu Tage bringt (erhältlich unter www.ellen-klinghammer.de). Das Problem dieser begabten jungen Komponistin/Lyrikerin/Pianistin/Sängerin könnte sein, dass sie hier zu Lange über kleine Auftritte vor Insider-Publikum nicht hinauskommt. Gelänge ihr es, Ähnliches mit deutschen Texten zu transportieren, füllte sie eine klaffende Lücke im hiesigen Musikbetrieb: Die zwischen Kunstlied und Chanson, zwischen Jazz und Pop.

Michael Rieth


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